Josef Illingers beruflicher Werdegang

Als gebürtigen Salzburger faszinierten mich seit meiner Kindheit schöne Hotels und große Gasthöfe ebenso wie der Besuch des Salzburger Grünmarktes und der „Schranne“ (Donnerstag-Markt). Das preis- und qualitätsbewusste Auswählen, der kritische Vergleich der von den Bauern angebotenen Naturprodukte sowie das spontane Kreieren des Mittag- und Abendessens meiner Mutter beim Markteinkauf verwurzelten sich tief in meiner Seele und begleiteten mich während der gesamten Laufbahn als Koch und Küchenchef.

Inspiration und Kreation je nach Angebot an qualitativ hochwertigen und preisgerechten Produkten sind auch in meiner Küche oberstes Gesetz geblieben.

Als sich nach dem Pflichtschul­besuch die Frage nach meinem Berufsziel stellte, zog es mich bereits heftig in die Gastronomie und dort speziell in die Küche. Da ich schon immer den Traum vom Schönsten und Besten in mir trug, betrat ich am 15. Februar 1967 das damals schönste Hotel der Stadt Salzburg, den Österreichischen Hof. Als ich drei Wochen später die Zusage erhielt, stand meine Berufswahl fest.

Im August desselben Jahres zog ich das erste Mal die traditionelle Kochuniform an und war sehr stolz darauf, was sich bis heute nicht geändert hat. Kurze Zeit nach meinem Lehrantritt hatte ich mir bereits ein großes Ziel gesetzt – nämlich ein ebenso guter Küchenchef wie der meine, Herr Zlatolawek, zu werden. Er schwang sein Zepter über einer Brigade von 60 Köchen und begeisterte die Gäste und uns Köche immer wieder mit seinem Können, seiner Erfahrung und seiner Kreativität.

Diese dreijährige, harte Lehrzeit möchte ich heute um keinen Preis missen. Schon damals lernte ich die hohe Qualität der Naturprodukte unserer heimischen Bauern schätzen. Die sorgfältige Auswahl von guter und frischer Ware zu angemessenen Preisen, welche unsere Wirtschafterin auf dem Markt traf, interessierte mich nicht weniger wie das Zubereiten der Speisen.

Die Lehre erfolgreich beendet, trat ich meine erste Stellung als Patissier (Koch für warme und kalte Mehlspeisen) im Jagdhof am Fuschlsee an. Danach kam ich als Gardemanger (Koch für kalte Küche) in das wunderschöne Jagdschloß Fuschl am See. Zu diesem Zeitpunkt wagte ich noch nicht einmal zu träumen, dass ich in kurzer Zeit in einem der besten Hotels Österreichs Küchenchef werden würde. Nach Ableistung meines Grundwehrdienstes und anschließender Tätigkeit als Souschef (Küchenchefvertretung) im Jagdhof wurde ich zum Küchenchef im Hotel Schloss Fuschl befördert. Hier erreichte ich durch viel Fleiß und Liebe zum Beruf den Höhepunkt meiner Karriere, auf welchem ich mich heute noch befinde.

Damals wirkte ich in einem Betrieb, der von den besten Produktquellen umgeben war, welche ein Land nur bieten kann. Wir bezogen Wild von der hauseigenen Jagd, reichlich frischen Fisch aus der eigenen Fischerei, Kräuter, Salate und Gemüse von der angeschlossenen Gärtnerei. Und was sonst noch fehlte, lieferten die umliegenden Bauern und Betriebe. Die Prominenz, die im damaligen Jagdschloss Fuschl verkehrte und für welche ich meine Speisenkreationen auftischen durfte, reichte von Staatspräsidenten über berühmte Schauspieler und Künstler bis zu wichtigen Personen des öffentlichen Lebens. 

Während meiner Tätigkeit in Fuschl trat ein Mann in mein berufliches Leben, der mich bis zu seinem Tod mit Kritik, Ratschlägen, großem Fachwissen und Freundschaft begleitete: Dr. Rudolf Bayr, damals noch Generalintendant des ORF-Studios Salzburg. Er war bekannt für sein gastronomisches Engagement in Presse, Rundfunk und Fernsehen (11Häferlgucker“ etc.) und für seine hochqualifizierten Fachkenntnisse. Dr. Bayr bestimmte Trends und setzte Maßstäbe in der Ess- und Trinkkultur und war für mich ein Lehrmeister in Küche und Keller.

Da Schloß Fuschl leider nur im Sommer geöffnet war, musste ich im Winter auf Wanderschaft gehen. Dabei verschlug es mich zwei Winter in den Pinzgau, nach Hintertal ins Hotel Wachtelhof, und nach Hinterglemm ins Hotel Kristiania. Zwei weitere Wintersaisonen verbrachte ich in Zürs am Arlberg im Hotel Zürser Hof. Die letzte Saisonwanderschaft machte ich nach Wien ins Hotel Palais Schwarzenberg. Alle genannten Betriebe gehörten zur Spitzen­ klasse, wo ich mein Wissen und meine Erfahrung in diesen Hotels um vieles erweitern konnte.

Einen besonderen Erfolg durfte ich im Winter 1981 verzeichnen, als ich in Kitzbühel das Gourmetrestaurant „La Cave“ eröffnete. Ich war dort als geschäftsführender Küchenchef tätig. Schon im ersten Jahr erreichten wir laut Gault Millau eine Kochhaube und entgingen nur knapp der zweiten.

Als ich erfuhr, dass Salzburg um ein Luxushotel reicher werden würde, lernte ich dessen Generaldirektor Karl Heinz Huber bei einem Essen in Schloss Fuschl kennen. Nach einem Gespräch mit ihm wusste ich, dass ich im Salzburg Sheraton Hotel meine kreative Küche so­ wohl international als auch bodenständig verwirklichen könnte. Auch die Aussicht, in einem Ganz­ jahresbetrieb tätig zu werden, machte mir ein Vorstellungsgespräch sehr reizvoll.

Nun nach sieben Jahren Tätigkeit in diesem schönen Hotel kann ich feststellen, dass sich meine Erwartungen mehr als erfüllt haben. Viele Erfolge wurden mir während dieser Zeit zuteil. Vor zwei Jahren rief ich zusammen mit Toni Urdl die Aktion „Salzburger Hausmannskost“ ins Leben, welche bei Gästen, Wirten und Restaurants großen Anklang fand. Meine Kochhaube, mit der ich in Fuschl schon im Gault Millau ausgezeichnet wurde, konnte ich auch hier weiter behalten. Auch im Ausland präsentierte ich sehr erfolgreich Österreich und Salzburg mit deren Küche. 

Meine Reisen führten mich mehrere Male in die USA (Chicago, Boston, New York: Eröffnung eines österreichischen Lokals namens „Stamperl“), in verschiedene Städte Brasiliens wie Rio de Janeiro, Salvador de Bahia, Argentinien (Buenos Aires), Monte Carlo, Thailand (Bangkok), Philippinen (Manila), Australien (Sydney), Italien, Spanien.

Als eine Krönung meines Erfolges betrachte ich meine treue Brigade, in der mich Köche seit zehn und bereits mehr Jahren begleiten. Rückblickend und vergleichend muss ich sagen, dass ich keinen erfüllenderen, kreativeren, aber auch schwierigeren und anstrengenderen Beruf als den des Koches kennengelernt habe.

Meine vielen Reisen haben mir schöne Länder gezeigt. Und doch bin ich glücklich, das Salzburger Land meine Heimat nennen zu dürfen. Als Boden für kreatives Kochen und Lieferant herrlicher Grundprodukte könnte ich mir keinen besseren vorstellen. Viele Spitzenköche haben sich in den Gauen dieses Landes niedergelassen, und ich glaube, dass sie noch eine große Zukunft vor sich haben. Dieses Land mit seinen Flüssen und Bächen, Wäldern, Wiesen und Feldern liefert alle Produkte, die eine exzellente Küche auszeichnen.

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